Wenn man sich scheiden lassen möchte, kommt man nicht um den Versorgungsausgleich umher. Doch was ist dieser Versorgungsausgleich eigentlich? Wie funktioniert der Versorgungsausgleich bei Scheidung? Was versteht man unter Versorgungsausgleich?
Inhaltsverzeichnis
Was ist der Versorgungsausgleich?
Der Versorgungsausgleich sorgt für eine gerechte Verteilung der während der Ehezeit erworbenen Altersvorsorgen zwischen den Ehepartnern. Darunter fallen vor allem Renten und Versorgungen. In der Zeit während der Ehe zahlen normalerweise beide Eheleute für ihre Altersvorsorge verschiedene Rentenversicherungsbeiträge. Freiberufler zahlen aber auch Beträge in bestimmte berufsständischen Versorgungswerke ein. Auch die Riesterrente wird beim Versorgungsausgleich wichtig, sowie die Beamtenversorgung, welche Beamten zusteht. Beim Einzahlen in all diese unterschiedlichen Altersvorsorgen entstehen sogenannte Rentenanwartschaften. Man hat einen Anspruch später eine Rente zu bekommen. Die Höhe der Rene richtet sich danach, wieviel eingezahlt worden ist. (hier ist eine Gratis-Broschüre von der Deutschen Rentenversicherung)
Genau hier kommt es dann zum Versorgungsausgleich. Denn oftmals hat ein Ehepartner einen Anspruch auf eine höhere Rente, da dieser mehr gearbeitet oder mehr verdient hat und somit mehr einzahlen konnte. Durch den Ausgleich kommt es dann zu einer gerechten Umverteilung der Ansprüche, die Unterschiede werden ausgeglichen. Jeder Ehegatte bekommt dann die Hälfte aller Renten und Pensionen, die während der Ehe erworben wurden. Letztlich haben somit beide Partner eine Altersvorsorge, welche auf die Ehezeit bezogen, gleich hoch ist.
Welche Altersvorsorgen sind betroffen?
Grundsätzlich werden alle Altersversorgungen ausgeglichen, welche später eine Rente oder Pension auszahlen. Insbesondere sind betroffen:
- die gesetzliche Rentenversicherung (Altersrente und Erwerbsminderungs-Rente)
- die Beamtenversorgung
- die Betriebsrente, welche auch eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung beinhaltet, falls eine solche vorliegt
- die Zusatzversorgung
- Riesterrenten
- private Rentenversicherungen
- berufsständische Versorgung, bei zum Beispiel Ärzt:innen, Anwält:innen, Architekt:innen und auch Apotheker:innen
- Lebensversicherungen auf Rentenbasis
Jedoch muss beachtete werden, dass nur solche Ansprüche ausgeglichen werden, welche während der Ehezeit entstanden sind. Auch fallen solche Versicherungen nicht unter den Versorgungsausgleich, welche einen einmaligen Kapitalbetrag auszahlen, außer es handelt sich um eine der oben genannten Versicherungen.
Bereits aufgelöste Altersversorgungen und Sachleistungen fallen nicht in den Ausgleich der Versorgungen. Auch Altersversorgungen in Formen von Vermögensbildungen, wie zum Beispiel Aktien, werden nicht berücksichtigt. Jedoch können diese relevant werden im Zugewinnausgleich. Auch Renten, welche nicht mit dem Alter zusammenhängen oder mit der Betriebsfähigkeit fallen nicht drunter.
Berechnung des Versorgungsausgleiches
Im Grunde ist die Berechnung des Versorgungsausgleiches recht simpel. Als erstes wird der Ehezeit-Anteil beider Eheleute berechnet. Also der Betrag der Altersversorgungen, welcher während der Ehe entstanden ist. Durch das Gericht wird dann die Hälfte dieser Teile jeweils dem anderen Partner zugesprochen und auf den anderen Partner übertragen. Sagen wir, ein Partner hat während der Ehe aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Rentenanwartschaft in Höhe von 250€ bekommen und dazu eine Betriebsrente von 150€. Der andere Partner hat eine Rentenanwartschaft in Höhe von nur 200€. Nun wird entschieden, dass Partner A 200€ seiner Rente an Partner B abgeben muss. Partner B muss aber auch 100€ an Partner A abgeben.
Bei Beamten ist die Berechnung quasi dieselbe. Jedoch hat ein Beamter nicht in diesem Sinne eine Rentenanwartschaft, sondern einen Anspruch gegen den Dienstherrn. Die vor dem Ruhestand erworbene Besoldungsstufe ist dann ausschlaggebend für die Höhe der Pension. Diese lässt sich zumeist gut vorhersagen, sodass von der Vorhersage der Ehezeit-Anteil berechnet wird. Die Hälfte davon steht dann dem anderen Partner zu.
Bei Betriebsrenten aber auch bei Privatrenten ist die Berechnung oft sehr ähnlich, jedoch werden dabei eigene Berechnungsmethoden genutzt.
Ablauf vor dem Gericht
Kein Antrag auf einen Versorgungsausgleich
Man muss den Versorgungsausgleich in der Regel nicht extra zu beantragen, da dieser bei einer Scheidung automatisch mit geregelt wird. Wenn die ehe jedoch kürzer als drei Jahre dauert, muss ein ausdrücklicher Antrag gestellt werden, da in diesem Fall kein automatisch mit geregelter Versorgungsausgleich durchgeführt wird.
Fragebogen zum Versorgungsausgleich
Beiden Ehepartnern wird durch das Gericht ein Fragebogen zugesandt, auf welchem die Eheleute angeben müssen, welche Versicherungen bestehen, wann der letzte Beitrag gezahlt worden ist und welche Versicherungsnummern vorliegen und weiteres. Dieses Dokument wird dem Gericht dann in dreifacher Ausfertigung zugesandt. Das Gericht prüft dann bei den Trägern der Versicherungen, wie hoch die Rentenanwartschaften sind. Die Eheleute bekommen dann noch die Möglichkeit, diese Aussagen zu überprüfen und Stellung dazu zu nehmen bevor dann beim Termin der Scheidung der Versorgungsausgleich vorgenommen wird.
Auf den Versorgungsausgleich verzichten
Da ein Scheidungsverfahren ohne den Ausgleich aller Versorgungen oftmals schneller abläuft, fragen sich viele Eheleute, ob es möglich ist, auf diesen zu verzichten. Oft empfinden die Eheleute den Ausgleich der Versorgungen auch als unangemessen, da teilweise Rentenanwartschaften aus eigenen persönlichen Entscheidungen geringer ausfallen, worauf der andere Partner keinen Einfluss hatte. Damit auf den Ausgleich verzichtet werden kann, sollte man sich folgende Fragen stellen:
I. Ist es nötig zu verzichten, oder wird sowieso kein Versorgungsausgleich durchgeführt?
Wenn die Ehe kürzer als drei Jahre war, beide Ehepartner Ausländer sind oder beide im selben Ausland leben oder auch wenn ein Ehepartner im Ausland lebt und die Scheidung nicht nach deutschem Recht erfolgen soll, wird kein Versorgungsausgleich durchgeführt. Ein Verzicht wäre somit überflüssig.
II. Ist es Verzicht rechtlich machbar und zulässig?
Wenn einer der Ehepartner behauptet, der Verzicht des Ausgleiches würde ihn unzumutbar belasten, muss das Gericht die Sittenwidrigkeit des Verzichts überprüfen. Eine Sittenwidrigkeit liegt vor, wenn zum Beispiel ein Partner über mehrere Jahre zuhause geblieben ist um die gemeinsamen Kinder zu versorgen und in dieser Zeitspanne nicht erwerbstätig war, sodass dieser Partner eine sehr geringe Rente hat und auf den Versorgungsausgleich angewiesen ist. Auch bei Krankheit oder fehlender Berufsausbildung eines Partners und daraus resultierender niedriger Altersvorsorge kann ein Verzicht sittenwidrig sein. Unproblematisch ist ein Verzicht zumeist, wenn beide Eheleute berufstätig sind oder eine ausreichende eigene Rentenvorsorge haben. Ebenfalls kann im Ehevertrag ein Verzicht des Versorgungsausgleiches stehen, welcher dann in der Regel wirksam ist.
III. Ist ein Verzicht die klügste Wahl?
Da quasi niemals die Rentenanwartschaften beider Ehepartner gleich hoch sind gewinnt ein Partner beim Versorgungsausgleich immer etwas hinzu, während einer Rente verliert. Der Ehegatte mit dem niedrigeren Einkommen während der Ehe profitiert in der Regel also von dem Ausgleich. Zumeist handelt es sich bei dem Verlust des anderen Partners um einen geringen Betrag, besonders wenn die Ehe von kurzer Dauer war. Aber: Bei langen Ehen kann es sich schon um mehrere tausend oder sogar zehntausend Euro handeln, welche den Besitzer wechseln können. Dies ist zu beachten bevor man auf den Ausgleich verzichtet. Außer natürlich man ist der Begünstigte des Verzichts.
IV. Wie läuft der Verzicht ab?
Man kann den Verzicht auf den Versorgungsausgleich nicht einfach privat unter sich regeln, da dieser an bestimmte gesetzliche Formvorschriften gebunden ist. Grundsätzlich kommen zwei Möglichkeiten in Betracht. Man kann entweder einen Vertrag vor dem Notar aufsetzen und dies in dem Vertrag regeln. Jedoch ist dies in der Regel recht kostenintensiv. Die zweite Variante ist es, während der Scheidung vor Gericht den Vergleich, also den Verzicht, abzuschließen. Dafür müssen jedoch beide Parteien einen eigenen Anwalt vor Gericht mitbringen, ein Anwalt für das Ehepaar reicht nunmehr nicht aus.